Asylverfahren

Kontakt mit den Behörden

  • Erhältst du im Rahmen des Asylverfahrens einen Brief der Behörden, frage immer sofort nach, um was es sich genau handelt. Du kannst in der Asylunterkunft oder bei einer Rechtsberatungsstelle nachfragen. Stelle sicher, dass du auch wirklich verstanden hast, was im Brief angeordnet oder gefragt wird.
  • Bewahre jeden Brief der Behörden auf und nimm dein gesamtes Dossier mit, wenn du jemanden um Rat fragst. Erstelle immer Kopien deiner Dokumente.
  • Erhältst du einen Asylentscheid, musst du immer besonders schnell handeln. Die Fristen, um gegen einen Entscheid Beschwerde zu erheben, sind sehr kurz.
  • Melde dich immer bei einer Rechtsberatungsstelle, im Adressteil unter der Rubrik «Ausländer*innen».

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Befragung über Asylgründe

  • Du hast ein Asylgesuch gestellt. Damit sagst du, dass du (d.h. du persönlich) an Leib und Leben in deinem Heimatland gefährdet bist.
  • Du hast die Pflicht nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass du gefährdet bist. Finanzielle oder wirtschaftliche Gründe werden nicht beachtet.
  • Auch hast du bei der Feststellung deiner Identität eine Mitwirkungspflicht. Du kannst aber nicht verpflichtet werden mit den Behörden deines Heimatlandes Kontakt aufzunehmen.
  • Die Behörden befragen dich in der Regel zwei Mal. In den beiden Befragungen musst du die Behörden überzeugen können, dass du in deinem Land bedroht bist.
  • Bereite dich sehr sorgfältig auf diese Befragungen vor. Versuche Beweismittel (Haftbefehle, Zeitungsartikel etc.) noch vor der Befragung aufzutreiben. Nimm Kontakt mit Leuten auf, die dir helfen können.
  • Merke dir genau, was du bei der ersten Befragung gesagt hast. Widersprüche zwischen deinen Aussagen können negative Konsequenzen für dich haben.
  • Oft ist ein Nachweis (z.B. anhand eines Haftbefehls) nicht möglich. In diesem Fall brauchst du nichts zu beweisen, sondern es wird die Glaubhaftigkeit deiner Angaben vertieft überprüft, d.h. du musst authentisch wirken.
  • Du wirst über die geltend gemachte Verfolgung, deinen Reiseweg nach Europa, dein Leben im Heimatland etc. befragt. Versuche immer so präzise wie möglich zu antworten und baue keine Übertreibungen oder Vereinfachungen ein.
  • Stelle sicher, dass die Befragenden deine Angaben auch wirklich verstanden haben. Stellst du Misstrauen fest, versuche deine Geschichte so genau wie möglich zu erklären.
  • Hast du den Eindruck, dass die Übersetzung nicht optimal ist, mache die Personen unbedingt darauf aufmerksam.
  • Bist du minderjährig, achte darauf, dass dein Alter korrekt erfasst wird. Falls die Behörden nicht dein richtiges Alter aufnehmen, melde dich bei einer Rechtsberatungsstelle im Adressteil unter der Rubrik «Ausländer*innen». Als Minderjährige*r geniesst du einen weiter gehenden Schutz als eine erwachsene Person.

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Zwangsmassnahmen und Ausschaffung

  • Bekommst du einen Brief der Behörden betreffend Ausreisefrist oder Wegweisungsvollzug: Melde dich immer bei einer Rechtsberatungsstelle im Adressteil unter der Rubrik «Ausländer*innen»!
  • Wurde dein Asylgesuch abgewiesen, bist du verpflichtet, die Schweiz zu verlassen. Du hast jedoch die Möglichkeit, mit einem Wiedererwägungsgesuch eine Neubeurteilung deines Gesuchs zu erwirken. Hierfür gelten aber strenge Zulässigkeitsvoraussetzungen.
  • Möchtest du die Schweiz freiwillig verlassen, kannst du Rückkehrhilfe und Rückkehrprogramme beanspruchen.
  • Hältst du dich in der Schweiz auf, nachdem die Ausreisefrist abgelaufen ist, riskierst du Zwangsmassnahmen, eine Anzeige wegen illegalen Aufenthalts sowie eine Einreisesperre für die Schweiz.

Vorbereitungshaft

  • Damit du dich einer künftigen Wegweisung nicht entziehen kannst, können die Behörden für maximal sechs Monate Vorbereitungshaft anordnen. Die Vorbereitungshaft ist zulässig, wenn
    • du dich weigerst deine Identität offenzulegen oder wenn du behördlichen Anordnungen nicht Folge leistest;
    • einer Ein- oder Ausgrenzung zuwiderhandelst;
    • trotz eines Einreiseverbots das Gebiet der Schweiz betrittst und nicht sofort weggewiesen werden kannst;
    • du ein Asylgesuch stellst, nachdem deine Aufenthaltsbewilligung widerrufen oder nicht verlängert worden ist wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung;
    • du ein Asylgesuch stellst, nachdem du ausgewiesen wurdest;
    • du ein Asylgesuch in der Absicht stellst, eine drohende Wegweisung zu vermeiden;
    • du verurteilt worden bist oder strafrechtlich verfolgt wirst, weil du Personen ernsthaft bedrohst oder an Leib oder Leben gefährdest;
    • du wegen eines Verbrechens verurteilt worden bist

Ausschaffungshaft

  • Sobald ein Entscheid des SEM über eine Wegweisung oder ein Entscheid eines Strafgerichts über eine Landesverweisung vorliegt, kann die Ausschaffungshaft angeordnet werden.
  • Die Anordnung der Ausschaffungshaft ist zulässig, wenn
    • du dich bereits in Vorbereitungshaft befindest;
    • ein Grund gemäss Ausländergesetz (wie unter Vorbereitungshaft) besteht;
    • konkrete Anzeichen darauf hindeuten, dass du dich der Ausschaffung entziehen willst;
    • dein bisheriges Verhalten auf eine Widersetzung gegen behördliche Anordnungen schliessen lässt;
    • der Wegweisungsentscheid in einem Bundeszentrum eröffnet wird und der Wegweisungsvollzug absehbar ist. In diesem Fall darf die Haft höchstens 30 Tage dauern.
  • Die Anordnung von Ausschaffungshaft ist auch dann möglich, wenn ein vollstreckbarer Entscheid vorliegt, die Ausreisefrist abgelaufen ist, ohne dass du die Schweiz verlassen hast, und die zuständige kantonale Behörde für dich Reisepapiere beschaffen muss. In diesem Fall darf die Haft eine Dauer von 60 Tagen nicht übersteigen.
  • Die Ausschaffung kann in drei Stufen ablaufen.
    • Bei der Ausschaffung nach Level 1 wirst du durch die Polizei ins Flugzeug begleitet. Die Ausschaffung erfolgt ohne Fesselung oder polizeiliche Begleitung.
    • Weigerst du dich, wird die Ausschaffung nach Level 2 durchgeführt. Du wirst gefesselt und von Polizist*innen begleitet in einem gewöhnlichen Linienflug zurückgeführt.
    • Wenn diese Form der Rückführung aufgrund deines Verhaltens nicht möglich ist, wird die Ausschaffung auf Level 4 mit verstärkter Fesselung und per Sonderflug durchgeführt. Dies kann schon der Fall sein, wenn du bei der Ausreise nach Behördensicht nicht kooperierst.
    • Beachte, dass Level-4-Ausschaffungen nicht in alle Länder vorgenommen werden. Melde dich bei einer Rechtsberatungsstelle im Adressteil unter der Rubrik «Ausländer*innen»
  • Familien mit Kindern geniessen einen besonderen Schutz nach der Kinderrechtskonvention. Wird für dich/deine Familie Ausschaffungshaft angeordnet, bestehe darauf dass du/ihr nicht getrennt untergebracht werdet. Melde dich bei einer Rechtsberatungsstelle im Adressteil unter der Rubrik «Ausländer*innen» 

Haft im Dublin-Verfahren

  • Bist du über einen Dublin-Staat in die Schweiz eingereist und verneint die Schweiz ihre Zuständigkeit für die Prüfung deines Asylgesuches, befindest du dich im Dublin-Verfahren.
  • In diesem Fall darfst du nur in Haft genommen werden, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismässig ist und sich weniger einschneidende Massnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft kann bereits während der Vorbereitung des Entscheids angeordnet werden.
  • Die Maximaldauer der Dublin-Haft hängt von vielen Voraussetzungen ab. Lasse dich dazu beraten.
  • Anders als in anderen Haftfällen wird die Dublin-Haft nicht automatisch von einem Gericht überprüft. Du musst selber schriftlich eine Haftüberprüfung verlangen. Das Gesuch ist kostenlos und zieht keinerlei Nachteile für dich mit sich.

Durchsetzungshaft

  • Wenn eine rechtskräftige Wegweisung nicht durchgeführt werden kann, weil du zum Beispiel Widerstand leistest oder wenn die Ausschaffungshaft nicht zulässig ist, aber eine mildere Massnahme nicht zum Ziel führt, dann kann die Durchsetzungshaft angeordnet werden.
  • Die Haft kann für einen Monat angeordnet und mit Zustimmung der richterlichen Behörde jeweils um zwei Monate verlängert werden.

Maximaldauer der Haft

  • Vorbereitungshaft, Ausschaffungshaft, Durchsetzungshaft und Dublin-Haft dürfen zusammen die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Allerdings darf die Haftdauer mit kantonaler richterlicher Zustimmung um maximal zwölf Monate verlängert werden – bei Minderjährigen jedoch nur um höchstens sechs Monate. Nach maximal 18 Monaten Haft (wenn du minderjährig bist, nach 12 Monaten) musst du entlassen werden.

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